Die amerikanische Photographin und Filmemacherin Laura Padgett arbeitet seit vielen Jahren mit Bildern des genauen Hinsehens und der Erinnerung.
War die Interaktion zwischen seriell angeordneten schwarz-weiß Photographien und gleichwertig eingesetzten Textelementen wesentlicher Bestandteil der Irritation beim Betrachten ihrer Arbeiten, erscheinen die neueren Farbphotographie-Zyklen als eine zusammenhängende intimere Erzählung, eine Reihe von Stilleben. Aus einem besonderen Blickwinkel aufgenommen werden Elemente wie Transparenz, Spiegelung, Lichtreflexion und Stofflichkeit als einzelne Bilddetails deutlich, verweisen mit Bereichen von Unschärfe auf Spuren der Präsenz einer nicht gezeigten Person: sie geben Raum für die eigene sinnliche Erinnerung und Imagination des Betrachters.
Die Photographien von Laura Padgett erzählen Geschichten. In Ausschnitten, zugleich vielschichtig und simultan. Sie sprechen ambivalent von An- und Abwesenheit der Dinge oder Personen, von der Wahrnehmung und dem Gedächtnis.
"... Das "zweite Gesicht" des Fotografen beruht nicht darauf, dass er sieht, sondern dass er sich an einem bestimmten Ort befindet und vor allem darauf, dass er auf Orpheus' Spuren wandelt, sich nicht umwendet nach dem, was er mit sich führt und uns darbietet..."
In den Doppelbildern der letzten Zeit verschränkt Laura Padgett zwei Bilder mit jeweils unterschiedlicher Botschaft. Der Blick des Betrachters geht von einem Bild zum anderen und versucht den Dingen einen Namen zu geben. Es geht um einen Lesevorgang bei dem Identität und Verschiedenheit, Raum und Zeit, Licht und Reflexion, Illusion und Realität eine Rolle spielen. Das Bild stellt eine Erzählung dar die der Leser dechiffrieren muss. Ich habe einmal angesichts dieser Arbeiten von der Rolle des Detektivs gesprochen, in diesem Vorgang liegt das „punktum“ dieser Arbeiten wie es Roland Barthes formulieren würde. Die „fremden“ Dinge werden nach ihren Namen abgefragt. In der Tatsache, dass diese Bilder hermetisch sind und sich nicht gänzlich deuten lassen, ja verschiedene Antworten zur selben Zeit ermöglichen liegt ihre Qualität und ihre Poesie.
von Peter Weiermair